Ein mexikanischer Einzelhandelsriese drängt in den europäischen Markt. Wieso das Mainzer Traditionsunternehmen Ditsch bald dazu gehört.
Von Wolfgang Bürkle, Julia Sloboda und Maike Hessedenz
Das Mainzer Ditsch-Werk.
(Foto: Sascha Kopp )
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MAINZ - Auf den ersten Blick scheint die Meldung für Mainz unbedeutend: Das mexikanische Unternehmen Fomento Económico Mexicano („Femsa“), mit Sitz in Monterrey (Mexiko), und die Valora Holding aus der Schweiz haben am Dienstag vereinbart, dass Femsa ein Kaufangebot für Valora vorlegt. Im Klartext: Femsa will Valora übernehmen. Doch das Interessante für Mainz dabei: Die Brezelbäckerei Ditsch gehört seit 2012 zum Valora-Konzern, ebenso wie unter anderem die „Backwerk“-Kette. Also wird Ditsch bald einem mexikanischen Einzelhandelsriesen gehören.
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Femsa ist mit 320.000 Mitarbeitern eines der größten Unternehmen Lateinamerikas, es bietet nun 260 Franken je Valora-Aktie, ein Gesamtwert von etwa 1,1 Milliarden Franken. Femsa wolle nun mit Valora in Europa Fuß fassen und weiter expandieren.
Der Verwaltungsrat und der größte Aktionär von Valora, Ernst Peter Ditsch, sprachen sich laut Handelsblatt für die Transaktion aus. Damit würde Peter Ditsch, Enkel des Gründers, auch seine Anteile verkaufen – er hält rund 17 Prozent an Valora. Medienberichten zufolge erhält Ditsch dafür rund 119 Millionen Franken, umgerechnet also 120 Millionen Euro. Der Vollzug des Deals werde für Ende September oder Anfang Oktober 2022 erwartet. Valora soll weiter unter eigenem Namen operieren und Teil des Europageschäfts von Femsa werden.
Valora ist neben der Schweiz und Deutschland auch in Österreich, den Niederlanden und Luxemburg tätig. Die 2700 Verkaufsstellen von Ditsch, Backwerk, Press & Books, avec und anderen Geschäften stehen vor allem an Standorten wie Bahnhöfen, Einkaufszentren oder Tankstellen. Valora erwirtschaftete 2021 mit rund 15.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,23 Milliarden Franken. Femsa ist mit einem Umsatz von 23 Milliarden Dollar gut zehn Mal größer.
Die Ditsch-Brezel gibt es seit über 100 Jahren. 1919 wurde sie in Mainz von Wilhelm Ditsch in der Mainzer Löhrstraße 17 in seiner „Bäckerei für Brezel und Laugengebäck“ erfunden. Die Geschichte und der Standort Mainz sind fest im Firmendenken verwurzelt. „Wir sind die kleinen Brezelbäcker aus Mainz“, sagte Geschäftsführer Sebastian Gooding anlässlich des 100-jährigen Bestehens im Jahr 2019. „Hier ist unsere Hauptverwaltung, hier sitzt die Geschäftsleitung.“
Er begründete die über 100-jährige Ditsch-Tradition: Wilhelm Ditsch lässt 1919 seine „Bäckerei für Brezel und Laugengebäck“ im Handelsregister Mainz eintragen.
(Foto: Ditsch)
Peter Ditsch ist der Enkel des Firmengründers. Er war es, der mit seinem Vater Heinz die Erfolgsgeschichte der einstigen kleinen Backstube geschrieben hat. Er wuchs auf zwischen dem alten Backsteinofen mit schweren Gusstüren und weiß gefliester Front, damals wurden auch noch Brot, Kuchen und andere Backwaren hergestellt. Erst in den 70ern, so erinnerte sich Peter Ditsch in einem Artikel anlässlich des Jubiläums, spezialisierte sich sein Vater auf Brezeln und andere Laugengebäcke. Die wiederum verkaufte er in die Gastronomie, an die Brezelmänner, ans Schwimmbad oder ins Fußballstadion. Der erste Brezelstand eröffnete 1972 am Mainzer Hauptbahnhof.
1975 trat Peter Ditsch dann als Mitarbeiter in das elterliche Unternehmen ein. Und nachdem der in einen ersten Brezel-Backautomaten investiert hatte, war der Weg zum ersten kleinen Brezelkiosk, der vor einem Mainzer Kaufhaus aufgestellt wurde, nicht mehr weit.
1985 verlagerte Ditsch die Produktion dann nach Hechtsheim ins Gewerbegebiet, 1991 wurde erneut expandiert. Mittlerweile werden dort jährlich 140 Millionen Stück Laugengebäck hergestellt. Dabei kommen längst nicht alle Brezeln an den Ständen in den Innenstädten und Bahnhöfen an: Bloß etwa zehn Prozent der Backwaren werden zu den Brezel-Büdchen verschickt, der Rest geht an Handelskunden, an Großmärkte und den Einzelhandel-
Sehen Sie hier unser Video zum 100-jährigen Bestehen von Ditsch im Jahr 2019:
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 05.07.2022 um 19:06 Uhr publiziert.